Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin, sehr geehrte Damen und Herren,
der uns vorliegende Haushaltsplanentwurf zum Doppelhaushalt für die Jahre 2024 /2025 ist, wie in den vergangenen Jahren, ein umfangreiches und herausforderndes Zahlenwerk. Ich möchte mich an dieser Stelle zunächst bei unserem Kämmerer und 1. Stadtrat Stefan Schmitt und seinem Team der Kämmerei bedanken, die diesen Haushaltsplanentwurf vorgelegt haben. Der Dank geht ebenso an den Bürgermeister, sowie die Verwaltung dieses Hauses, die mit viel Engagement hierzu beigetragen haben.
Wie der Kämmerer in seiner Präsentation zum Haushaltsentwurf vorgestellt hat, stehen den pro Jahr kalkulierten Erträgen in Höhe von 185 Millionen, Ausgaben durch Umlagen (Kreis-, Schul-, Gewerbesteuer, Solidaritäts- und- Heimatumlage) in Höhe von fast 93 Millionen gegenüber, was inzwischen fast 50% entspricht.
Die Großprojekte wie der Bau der RTW, das größte Infrastrukturprojekt für Neu-Isenburg, der Umbau der Hugenottenhalle und der Stadtumbau sowie die Gestaltung der Ortsdurchfahrt L3117 sind größtenteils schon in den Jahren 2017-2019 verabschiedet worden. Man muss jedoch feststellen, dass es seitdem sehr große Kostensteigerungen im Baubereich gegeben hat. Dies führt dazu, dass man nun nicht alle Projekte gleichzeitig realisieren kann. Daher werden wir bei allen Maßnahmen Priorisierungen vornehmen müssen und diese eventuell nur nacheinander angehen können.
Das wir alle Projekte voranbringen wollen, lässt sich insbesondere daran erkennen, dass wir in dieser Sitzung die Planung für die Ortsdurchfahrt L3117 beschließen wollen. Aufgrund der immensen Kostensteigerungen- speziell durch die exorbitant gestiegenen Baukosten- liegen die Kosten hierfür bei knapp 80 Millionen brutto. Wir stehen weiterhin zu einem Verkehrsentlastungskonzept, das Rad- und Fußverkehr ebenso wie den ÖPNV fördert und den Autoverkehr reduziert, ohne ihn zu verbannen. Es führt kein Weg an der Realisierung vorbei. Der Bau des Schienenanteils der RTW wird mit 95% vom Land gefördert, für den Straßenumbau liegt der Förderanteil laut aktuellen Schätzungen bei ca. 40%, so dass hier der Löwenanteil der Baukosten bei der Stadt verbleibt. Auch hat die Koalition bereits vor einem Jahr einen externen Projektkoordinator für das Projekt RTW gefordert, um uns bei der Umsetzung zu unterstützen. Hierfür 200.000,00 € in den Haushalt für 2023 eingestellt. Die Ausschreibung ist allerdings erst jetzt erfolgt.
Ebenso ist auf der heutigen Tagesordnung die Kenntnisnahme zum Realisierungswettbewerb für die Hugenottenhalle. An dieser Stelle sei angemerkt, dass der Kämmerer 500.000€ im Haushalt hierfür eingestellt hat. Die Stadt hat in jedem Fall 15 Millionen für die Hugenottenhalle in die Rücklagen eingestellt und diese sind nicht, wie immer zuhören ist, zum Ausgleich des Haushalts eingeplant. Das letzte Preisschild, das für den Umbau der Hugenottenhalle genannt worden ist, lag am 24.09.2019 bei rd. 32 Millionen €. Allein eine energetische und technische Sanierung lag zu diesem Zeitpunkt bei 18 Millionen € brutto. Um aber jetzt mit konkreten Zahlen zu arbeiten, benötigen wir eine valide Planung und Kostenkalkulation inklusive Förderungen. Dazu dient der Realisierungswettbewerb. Auf Basis der dann vorliegenden Ergebnisse kann weitergearbeitet werden. Es ist unter Umständen auch nötig die Finanzierung einer neuen Hugenottenhalle und Stadtbibliothek völlig neu zu denken. Gegebenenfalls bedeutet das auch eine Privatisierung des Gebäudes oder eine Realisierung durch einen privaten Investor. Hierzu wird die Koalition einen Prüfantrag einbringen. Es ist insbesondere auch die Kreativität des Kulturbereiches gefragt. Das Projekt ist seit 2019 im politischen Raum und außer dem Wunsch nach einem Dritten Ort wurden uns bislang keine inspirierenden Ideen vorgelegt.
Insbesondere bei der Umsetzung der RTW und der Realisierung der Hugenottenhalle wird es sicher unumgänglich sein, auch direkt in Wiesbaden vorstellig zu werden, um hier Gespräche über Fördermittel aufzunehmen.
Und last but not least haben wir noch das Projekt Stadtumbau vom alten Ort zur neuen Welt in der Umsetzung. Hier befindet sich auch die Umgestaltung des Marktplatzes auf der heutigen Tagesordnung, die dann nach Erhalt des Förderbescheides, der noch im November bei uns eintreffen soll, in Angriff genommen werden wird.
Alle 3 Projekte sind wichtig, aber auch gleichzeitig ehrgeizig für eine Stadt wie Neu-Isenburg mit 40.000 Einwohnern, von denen sicher auch viele Bürger unterschiedliche Präferenzen hinsichtlich der Umsetzung von Projekten im Bereich Verkehr, Kultur und Stadtumbau haben.
Weitere große Bereiche, die unseren Haushalt belasten werden, sind: der weitere Ausbau der Kleinkinderbetreuung, sowie der Rechtsanspruch auf nachschulische Betreuung ab 2026, deren Ausbau in Zeppelinheim, am Buchenbusch und eventuell in Gravenbruch dringend erfolgen muss. Auch die Gestaltung der Betreuung bei den Neubauten der Grundschulen Hans-Christian-Andersen und Albert-Schweitzer-Schule wird uns in einigen Jahren beschäftigen.
Weitere Investitionen, die wir gemäß gesetzlichen Vorgaben vorzunehmen haben, liegen im Klimaschutz und in der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen.
Auch die Sportanlage in Gravenbruch ist mit 1,8 Mio € für einen neuen Kunstrasenplatz und neue Funktionsgebäude, verteilt auf die nächsten 3 Jahre, im Haushalt enthalten. Hier sind wir allerdings sehr auf die konkreten Planungen gespannt und beantragen daher zunächst einen Sperrvermerk, um viele offene Fragen zur zukünftigen Gestaltung der Anlage zu klären.
Der größte Posten in unserem Haushalt sind die Personalkosten, die von 2023 mit 30,5 Mio. bis 2025 auf 40,9 Mio steigen sollen. Einerseits durch die Eingliederung der NIKI GmbH, bei der der bisherige Zuschuss nun durch die Personalübernahme in den Personalausgaben weitergeführt wird, aber auch durch Tariferhöhungen, Höhergruppierungen, Nachbesetzung aktuell vakanter Stellen bis 2025 sowie die Schaffung neuer Stellen. Insbesondere bei der Nachbesetzung und der Schaffung neuer Stellen muss man sich fragen, ob dies die richtige Maßnahme und zwangsläufig in Zeiten einer Konsolidierung erforderlich ist.
Der Bereich, bei dem immer wieder neue Stellen geschaffen werden müssen, ist der bereits angesprochene Kita-Bereich, denn unsere Stadt wächst und wir haben, auch durch unsere Neubaugebiete, einen Zuzug junger Familien. Hier wollen wir uns auch weiterhin den gesetzlichen Anforderungen stellen. Die im Haushalt mit allen Kosten eingeplante neue Kita, Margarete Müller, im Stadtquartier Süd, die Anfang 2025 ihren Betrieb aufnehmen wird, wird 7 Gruppen umfassen und hier ist es wichtig rechtzeitig geeignetes Personal zu finden. Betrieben wir die Kita zukünftig von der evangelischen Johannesgemeinde.
Wir wollen uns nicht von der Moja, dem freiwilligen Polizeidienst oder auch dem heute noch zu beschließenden Stadtsauberkeitskonzept verabschieden. Gerade diese 3 Bereiche tragen entscheidend dazu bei, das subjektive Sicherheitsempfinden unserer Bürger zu stärken und das ist uns den finanziellen Aufwand wert. Hierfür wurde auch das Kompassprojekt des Landes Hessen ins Leben gerufen, an dem wir auch unter Beteiligung vieler Bürger teilgenommen haben und für das wir erst vor ein paar Wochen das Sicherheitssiegel erhalten haben.
Wir denken aber nicht nur in großen Dimensionen, sondern beabsichtigen auch eine Erhöhung des Zuschusses für die Musikschule und eine mögliche Realisierung der Eisbahn im Winter 2024.
Neu-Isenburg hat viele Ausgaben zu stemmen. Gleichzeitig müssen wir auch Konsolidierungen vornehmen, also den Rotstift ansetzen. Hierzu hat es in den letzten Monaten viele Treffen mit den unterschiedlichen Dezernaten und Fachbereichen gegeben. Statt Einsparungen vorzunehmen, wurden aber in der Regel eher höhere Budgets gefordert, bis auf eine Maßnahme.
Die Mobilitätsstation West wird wohl vorerst nicht realisiert werden, was die Ausgabenseite um ca. 10 Millionen verringern wird und heute soll der Beschluss zur Umsetzung aufgehoben werden. Die RTW Gesellschaft ist verpflichtet die gleiche Anzahl an Parkplätzen wie vor der Maßnahme herzustellen und wir werden dann schauen, ob diese Parksituation auch für die RTW ausreicht.
Für Konsolidierungsmaßnahmen wird eine neue Arbeitsgruppe eingerichtet, angelehnt an die Zusammensetzung des Haupt- und Finanzausschusses, die sich in den nächsten ca. 18 Monaten mit diesem Thema auseinandersetzen wird. Hierzu gibt es am 13.11 für alle Parlamentarier eine Auftaktveranstaltung.
Jeder Bereich muss angeschaut und gemeinsam mit der Verwaltung und den Dezernenten eventuell auch völlig neu gedacht werden, um unsere Stadt bei solch enormen Kostensteigerungen zukunftsfähig zu machen.
Der Kämmerer wurde trotz der angespannten Situation von der Koalition gebeten zu prüfen ob es unerlässlich ist die Grundsteuer zu erhöhen, zumal der Grundsteuermessbetrag ja für 2025 in vielen Fällen schon angehoben wird. Wir hoffen und sind guter Dinge, dass wir die Bürger nicht zusätzlich belasten müssen und die Gewerbesteuer wird auch nur sehr moderat von 330 wieder auf den vorherigen Wert von 345 Punkten angehoben werden müssen. Zum Vergleich: Die mittleren Hebesätze im Kreis Offenbach liegen für die Grundsteuer übrigens bei 650 Prozentpunkten und bei der Gewerbesteuer bei 371 Prozentpunkten.
Es gilt aber auch mit dem Gerücht aufzuräumen, dass die schon angesprochenen Rücklagen für z.B. die Huha zum Ausgleich des Haushaltes verwendet werden sollen. Dies ist nicht der Fall. Aber: Sollte der Haushalt nicht ausgeglichen sein, müssen laut Hessischer Gemeindeordnung (HGO) erst die Rücklagen herangezogen und aufgelöst werden.
Der Haushaltsausgleich bleibt auch bei den nun anstehenden Haushaltsberatungen unser absolutes Ziel und wir danken dem Kämmerer, dass er dies in diesem Haushalt, ebenso wie in der Vergangenheit stets erreicht hat.
Unserer Meinung nach berücksichtigt der Entwurf des Doppelhaushalts 2024/ 2025 nahezu alle Interessen und Themen unserer Stadt. Es ist, sozusagen fast jeder Bereich abgedeckt: Investitionen in den Sport-, Kultur- und Sozialbereich, energetische Maßnahmen, Straßenbaumaßnahmen sowie Investitionen ins Radwegenetz und die verkehrliche Infrastruktur.
Nun liegt es an uns, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, damit der vorgelegte Haushalt ausgeglichen bleibt. Das bedeutet einerseits, dass wir nicht alles Wünschenswerte sofort verwirklichen können. Gleichzeitig gilt es die schon angesprochenen Konsolidierungsmaßnahmen vorzunehmen.
Wir wollen alle Projekte umsetzen, denn Stagnation bedeutet Rückschritt und keine Weiterentwicklung!
Nun freuen wir uns auf die anstehenden Haushaltsberatungen. Ich bin mir sicher, dass wir, wie gewohnt, ein gutes Ergebnis zum Wohle von Neu-Isenburg erzielen werden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Bettina Blüchardt
(Fraktionsvorsitzende der CDU Neu-Isenburg)
(Es gilt das gesprochene Wort)